Was ist eigentlich Personalisierung?

Die gute, alte Kundenbeziehung war früher noch im Einkaufsladen oder an der Kasse mit seinen Kunden persönlich zu sprechen und/oder sie nach ihren Wünsche zu fragen. Im digitalen Zeitalter geht es eher um datengetriebene Personalisierung, die Beziehung zum Kunden über das Erschaffen einer guten Storyline in den Marketingmaßnahmen und anschließend auf der eigenen Seite. Aber wie weit darf man dabei gehen bevor es creepy wird? Und was sollte man tunlichst vermeiden? 

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Kurze Begriffsklärung – Was ist Personalisierung?

Wenn man diese Frage stellt, wird man von 20 Leuten 18 verschiedene Antworten erhalten. Die einen sehen in der Personalisierung nur den Newsletter mit persönlicher Ansprache, quasi eine Micro-Personalisierung. Für andere ist es die komplett, personalisierte Storyline ab dem Zeitpunkt an dem man Daten über den Nutzer generiert und bis zur Conversion und darüber hinaus individuell verwenden kann. In dem Fall kann man schon von Macro-Personalisierung sprechen. Marketingmaßnahmen und die eigene Seite werden komplett auf den einzelnen Nutzer zugeschnitten. Dies erfordert ein hohes Maß an Dynamik, was bspw. die Erstellung von Ansprachen in den einzelnen Kanälen angeht. Zudem muss die eigene Seite extrem flexibel sein, je granularer die Kommunikation mit den Kunden wird. Das Extrem wäre hier die 1to1-Kommunikation, die aber bisher nur sehr wenigen Playern eingeschränkt gelingt.

Was sind typische Personalisierungsmaßnahmen?

Jeder kennt und niemand nimmt es wahrscheinlich mehr als solche wahr (abgesehen von denen, die beruflich damit zu tun haben): Die grundlegende Personalisierung der Customer Journey. Viele Kunden kennen Sätze wie „Kunden, die dieses Produkt gekauft haben, kauften auch…“ oder „Leser, die diesen Artikel interessant fanden, haben auch folgende gelesen“. Ebenso Newsletter mit persönlicher Ansprache gehören zum grundlegenden Handwerkszeug. Was vor einigen Jahren noch super neu und interessant war, ist mittlerweile zum erwarteten Feature durch den Kunden geworden. Man könnte sogar sagen, die normale Empfehlungsengine, die man in nahezu jedem Shop oder jeder Newsseite findet, hat einen Creepy-Score von 0 oder 1 (manche Silver Surfer finden es vielleicht noch minimal creepy ;)) auf einer Skala von 1-10. Allerdings geht Personalisierung mittlerweile über dieses Stadium weit hinaus. Allerdings sollte jeder Mensch aus Produkt oder Marketing sich fragen: „Das, was ich da tue…ist das wirklich cool oder creepy?“. Ab wann binde ich meine Kunden und ab wann verschrecke ich sie?

Wichtige Faktoren der Personalisierung in der Customer Journey

Ab wann ein Kunde eine Maßnahme creepy oder cool findet ist natürlich höchst individuell. Allerdings sollte man sich immer versuchen in sein jeweiliges Kundensegment hinein zu versetzen. Die bereits angesprochenen klassischen Silver Surfer reagieren durchaus weniger gelassen auf etwas Unvorhergesehenes als Digital Natives, die mit dem Smartphone in der Hand aufgewachsen sind. Da kann schon die ganz normale Remarketingmaßnahme für den Warenkorbabbrecher, die eigentlich am äußersten Rand der Personalisierung schwabbelt, eine glatte acht auf der Creepy Score Skala bekommen. Um dies zu vermeiden kommen einige wichtige Punkte zum Tragen: Nachvollziehbarkeit, Ansprache und der Zeitpunkt. Die Ausgestaltung dieser Themen bestimmt über Erfolg oder Misserfolg der Personalisierung entlang der Customer Journey.

Nachvollziehbarkeit der Personalisierung: Warum werde ich angesprochen?

An dieser Stelle sollte sich jeder, der seine Kunden personalisiert anspricht, fragen, ob man selbst verstanden hat, warum man den Kunden gerade so ins Visier nimmt und ob man dies auch glaubwürdig vermitteln kann. 
Schafft man es nicht eine nachvollziehbare Storyline zu schaffen und verwirre so den Kunden, wird der Creepy Score sehr schnell nach oben rasen und dazu führen, dass die Conversion in weite Ferne entschwindet.
Wer hat sich nicht schon selbst gefragt, warum er für bestimmte Produkte oder Dienstleistungen einer kürzlich besuchten Seite plötzlich Werbung geschaltet bekommt, obwohl der Grund diese zu besuchen ein ganz anderer war. Sobald sich ein Nutzer fragt „Warum werde gerade ich damit angesprochen?“ oder „Die Seite hat mich nicht verstanden!?“ geht das Spiel schon in die falsche Richtung. Eben an jener Stelle muss man dem Kunden versuchen verständlich zu machen, warum gerade er dafür in Betracht kommt. Facebook versucht dies schon seit geraumer Zeit mit seiner Funktion „Warum wird mir das angezeigt?“.

Facebooks Erklärungsversuch

Allerdings ist es, wenn dies aufpoppt, in den meisten Fällen eh schon zu spät (aus Advertisersicht), da der Nutzer sich schon entschieden hat aktiv die Ad zu entfernen und somit schon suggeriert, dass das eher ein Griff ins Klo war. Wenn von Anfang an nicht klar ist, warum und wofür, ist das Spiel meist schon verloren.
Gute Personalisierungsmaßnahmen lassen diese Fragen nicht aufkommen und ziehen sich wie ein roter Faden. Gerade im Marketing ist es wichtig, dass alle Werbemaßnahmen inhaltlich sinnvoll aufeinander abgestimmt werden und nicht jeder Kanal aus allen Rohren feuert. Das kostet zum einen nur Geld und den Kunden nerven.

Ein gutes Beispiel ist der „Mix der Woche“ von Spotify in Verbindung mit vorgeschlagenen Konzerten auf Basis des individuellen Musikgeschmacks.

a) in den meisten Fällen versteht der Kunde, warum er gerade jene neue Musik vorgeschlagen bekommt

b) das Cross-Selling kann leicht nachvollzogen werden

Klare Botschaft und klare Fortführung der Storyline der Personalisierungsmaßnahmen.

Ansprache des Kunden: Wer ich? Wieso so?

Ein wunderbares Beispiel, wie man die Ansprache des Kunden herrlich vergeigen kann, ist ein Newsletter in dem

a) „Sehr geehrte Damen und Herren“ oder „Lieber Kunde“ steht, anstatt einer umfeldgerechten Ansprache,

b) der Content nicht zur Customer Onsite Journey passt, bspw. Kunde XY schaut sich nach auf der Seite nach Hundefutter um, bekommt aber einen Newsletter mit einem Angebot für Hundeleinen.

Fast richtig ist leider auch falsch. Wer die Punkte a) und b) nicht beherrscht wird sehr schnell feststellen, dass der eigene Newsletter und sei er noch so gut gemeint, schnell aktiv in den Spam geschoben oder abgemeldet wird. Ähnlich verhält sich OnSite. Je eher ich es schaffe den Kunden zu erkennen und ihm das wohlige Gefühl zu geben „Hey, wir kennen uns doch, schau ich habe extra für dich Teaser X, Headline Y und Produkt Z nur für dich hier“, desto besser die Personalisierung. Amazon hat dieses System nahezu perfekt im Griff. Selbst, wenn der Kunde neu auf die Seite kommt, kann Amazon nach nur wenigen Seitenaufrufen den Kunden einordnen und seine Journey immer mehr auf diesen zuschneiden und persönlicher gestalten.

Zeitpunkt der Ansprache: Wann? Jetzt?

In der digitalen Welt von heute muss alles immer „asap“ passieren. Aber auch hier stellt sich die Frage, ab wann wird es creepy mit den Maßnahmen, die ich durchführe? Beispiel: Ein bekannter Nutzer kommt
mal wieder auf die Seite, schaut sich um und verlässt diese wieder. Soweit, so standardmäßig. Nur wann ist der richtige Zeitpunkt den Nutzer bspw. per Push-Nachricht wieder auf die Seite zu holen? Eine Minute später, zehn Minuten oder 30 Minuten? Erstere Antwort wird in vielen Fällen dazu führen, dass der Kunde sich eventuell belästigt fühlt. Allerdings ist der Zeitpunkt, der wohl schwierigste Punkt der Personalisierung innerhalb der Customer Journey. Viele Kunden erwarten schon aus Gewohnheitsgründen, dass sie beim Betreten der Seite sofort alles sehen, was sie sich letztes Mal angeschaut haben. Anderen wieder ist dies oftmals zu offensiv. Hier ist wirklich gutes experimentieren gefragt, ab wann welche Maßnahmen im Marketing und auf der Seite für welchen Kunden wirklich in Frage kommen. Gerade im Marketing ist nicht nur der Zeitpunkt nach Kontakt mit dem Produkt wichtig, sondern auch die zeitliche Abfolge von Aktionen.

Wer? Wann? Warum?

Personalisierung kann wie anfänglich beschrieben im Kleinen anfangen indem man die richtige Ansprache und das richtige Thema innerhalb eines Newsletters für einen bestimmten Kunden wählt. Wer sich danach weiter vorarbeiten möchte, sollte die besprochenen grundlegenden Fragen nicht vergessen, um eine konsistente Story zu erzählen:

  • Für wen mache ich das?
  • Warum gerade so?
  • Wann ist der richtige Zeitpunkt?

Wer diese Basisfragen vernünftig beantworten kann, wird auch den Kunden besser verstehen und sein Marketing und seine Seite auf dessen Bedürfnisse abstimmen und so mehr Erfolg haben.

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